Grusswort
20 Jahre Financial YearBook – herzlichen Glückwunsch zu diesem großartigen Jubiläum! Damit steht das FYB für zwei Jahrzehnte bewegte Private Equity-Geschichte in Deutschland, in denen die Branche einen signifikanten Reifungsprozess durchlaufen hat. Vor etwas mehr als 20 Jahren hat auch Ardian sein deutsches Büro in Frankfurt eröffnet. Für uns ein willkommener Anlass, die Entwicklung von Private Equity seit der Jahrtausendwende Revue passieren zu lassen.
Werfen wir zunächst einen Blick zurück: Im Jahr 2002 befand sich die Private Equity-Branche hierzulande noch in den Kinderschuhen. Sie war durch relativ geringe Investitionen geprägt, die oft aus dem Ausland ohne lokale Teams gesteuert wurden. So lag das Volumen der Private Equity-Transaktionen in Europa bei rund 27,6 Mrd. Euro, mit denen etwa 8.350 Unternehmen finanziert wurden. Auf Deutschland entfielen davon rund 2,5 Mrd. Euro und das durchschnittliche Transaktionsvolumen betrug lediglich 3,3 Millionen Euro. Gleichwohl war ein deutlicher Wachstumstrend auch schon damals auszumachen. Schnell zeigte sich, dass sowohl die Suche nach neuen Deals als auch die Investitionen erfolgreicher verliefen, wenn die Private Equity-Investoren lokale Professionals einsetzten, die über ein tiefgreifendes Marktverständnis und ein Netzwerk in Deutschland verfügten. Dies führte dazu, dass internationale Finanzinvestoren erste Büros in Deutschland mit Teams vor Ort aufbauten. Dennoch zeigte sich der junge Markt in Deutschland sehr unübersichtlich – das Financial YearBook schuf erstmals einen wertvollen Überblick über die Akteure sowie die in diesem Umfeld tätigen Berater. Seitdem ist das FYB eine Instanz in der Branche.
Und heute? – Bei mehr als 3.000 getätigten Transaktionen belief sich das Transaktionsvolumen im Jahr 2021 auf 217,4 Mrd. Euro – das entspricht in etwa dem Achtfachen des Jahres 2002. Das durchschnittliche Transaktionsvolumen betrug demnach 160 Mio. Euro – mithin das 48-Fache von 2002!
Dieser Blick auf die Zahlen verrät allerdings noch nicht, was Private Equity in Deutschland letztlich so erfolgreich gemacht hat: ein Wandel im Qualitätsanspruch der Investoren und ihrer Investmentansätze. Vor 20 Jahren war kurzfristige Renditemaximierung insbesondere bei US-Investoren oberste Maxime, die mit allen Mitteln zu erreichen war. Und auch wenn sich damals nur eine Minderheit der Private Equity-Investoren so verhielt, waren das die öffentlichkeitswirksamen Negativbeispiele, die die Wahrnehmung der Branche prägten. Denn kommuniziert wurde seitens der Investoren wenig bis gar nicht. Das Ergebnis: Misstrauen der Politik, Widerstand von Gewerkschaften und Berührungsängste von Unternehmern.
Die Zukunft und Akzeptanz von Private Equity in Deutschland stand in Frage. Drei Effekte haben hier entgegengesteuert. Erstens haben die Selbstreinigungskräfte des Marktes dazu geführt, dass die sogenannten „Corporate Raider“ nach ersten Negativbeispielen bei Deals in Deutschland schlichtweg kaum noch zum Zuge kamen, sie durch den hohen Einsatz von Fremdkapital bei konjunkturellen Schwankungen einige große Insolvenzen zu verkraften hatten und sich in der Folge auch im Fundraising schwertaten. Zweitens haben Private Equity-Gesellschaften über tausende Investments hinweg bewiesen, dass sie gute Eigentümer sind, die Werte für Unternehmen und die Gesellschaft schaffen. Und drittens hat die Branche erkannt, dass sie ihr gutes Wirken auch an die Interessensgruppen von Politik, Gewerkschaften, Unternehmern und Presse transparent machen muss.
Heute ist Private Equity anerkannt, Unternehmen bei ihrer Entwicklung, ihrem Wachstum und in der Transformation zu unterstützen. Investoren wie Ardian schaffen ein finanziell stabiles Fundament, durch das Unternehmer unternehmerische Flexibilität gewinnen, unterstützen strategisch sinnvolle Zukäufe mit Know-how und helfen dadurch, Umsatz, Ergebnis und Mitarbeiterzahl zu erhöhen – kurzum: Private Equity setzt seine Finanzkraft und Expertise für die Schaffung von Mehrwert für alle ein.
Neben finanziellen und strategischen Zielen setzen Private Equity-Manager auch gesellschaftsorientierte Ziele für die Fonds und Portfoliounternehmen, wie die Reduktion von Kohlenstoffemissionen, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit und regionales Engagement. Der in den vergangenen Jahren verstärkte Fokus auf Nachhaltigkeit und ESG ist daher nur der nächste logische Schritt im Reifungsprozess der Branche. Auch hier zeigen sich wieder die positiven Selbstreinigungskräfte des Marktes: Investoren ohne umfassenden ESG-Ansatz haben es im Fundraising heute schwer und Portfoliounternehmen können durch ungenügende ESG-Scores signifikante Bewertungsverluste erleiden.
Dieser nachhaltige Investmentansatz hat dazu geführt, dass Portfoliounternehmen nicht nur in wirtschaftlich guten Zeiten florierten, sondern im Vergleich zur Gesamtwirtschaft auch besser durch alle Krisen in den vergangenen 20 Jahren kamen, wenn sich erfahrene Investmentmanager mit ihrer Expertise einbrachten. Dies hat sich jüngst erst wieder in der Corona-Pandemie gezeigt und wird sich unserer Einschätzung nach auch für die aktuelle geopolitische Krise bewahrheiten, auch wenn wir uns in einer seit Dekaden nicht mehr da gewesenen Kombination aus Inflation, Zinserhöhungen und Krieg befinden. Ein großer Vertrauensbeweis ist die Tatsache, dass institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Versicherungen und Stiftungen zunehmend ihre Allokationsquoten erhöhen, zumal sich Private Equity durch den stark wachsenden Sekundärmarkt für Fondsanteile in den zurückliegenden Jahren zu einer zunehmend liquiden Assetklasse gewandelt hat.
Für unsere Branche sehen wir weiterhin eine positive Entwicklung, die sich mit einer fortschreitenden „Demokratisierung“ von Private Equity, also dem wachsenden Zugang für Privatanleger, auch zunehmend in breiteren Teilen der Gesellschaft verankern wird. Wir sind sicher und freuen uns, dass das FYB auch in den kommenden Jahren die Entwicklungen der Branche wie gewohnt kompetent begleiten wird. In diesem Sinn: Alles Gute!
Jan Philipp Schmitz