Hamburg — Die Solarisbank hat sich die bislang höchste Finanzierungsrunde ihrer Unternehmensgeschichte gesichert in Höhe von 60 Mio. Euro. Die Post-Money-Bewertung steigt durch die Kapitalerhöhung auf 320 Mio. Euro. „Da wir unter keinerlei Zeitdruck standen, hat die Corona-Krise unseren Funding-Prozess nicht wirklich tangiert“, sagte uns Vorstandschef Roland Folz. „Aufgrund der hohen Nachfrage von Investorenseite haben wir sogar mehr Kapital aufgenommen, als ursprünglich geplant.“
Mit dem Funding im Rücken kann die Solarisbank – die seit ihrer Gründung 2016 ausschließlich organisch gewachsen ist – sogar größere Transaktionen ins Auge fassen. So könnte Solaris die Wirecard Bank AG zumindest in Teilen übernehmen könnte.
Auf dieses Szenario angesprochen, sagte uns Solarisbank-Chef Folz gestern: „Es ist nie eine gute Nachricht, wenn ein Konkurrent in Schwierigkeiten gerät. Denn was Unternehmen letztlich besser macht, das ist der Wettbewerb.“ Richtig allerdings sei: „Die Dienstleistungen der Wirecard Bank ähneln den unseren. Je nachdem, wie sich die Dinge entwickeln, könnten wir darum wir sicherlich für viele Kunden des Wettbewerbers so etwas wie die natürliche Alternative sein.“
Lead-Investor ist Risikokapitalgeber Holtzbrinck Ventures, der bislang noch nicht zu den Gesellschaftern gehörte. Dass ein deutscher VC-Spezialist in einer derart großen Runden (und noch dazu, nachdem er bis dato noch gar nicht beteiligt war) den Lead-Investor gibt, ist unserer Erinnerung nach im deutschen Fintech-Sektor selten. Es zeigt aber: Hiesige Venture-Capital-Player schrecken bei größeren Runden nicht mehr automatisch zurück. Auch Earlybird mischte bei den jüngsten Mega-Fundings von N26 ja weiterhin munter mit.
Neben Holtzbrinck ebenfalls neu an Bord sind Vulcan Capital (das ist der Investment-Arm der Stiftung des verstorbenen Microsoft-Mitgründers Paul Allen), ein weiterer amerikanischer VC namens Storm Ventures sowie der zum gleichnamigen koreanischen Technologiekonzern gehörende Samsung Catalyst Fund. Von den Altinvestoren gingen Yabeo, BBVA, die SBI Group, ABN Amro, Global Brain, Hegus und Lakestar mit. Solarisbank-Strategiechefin Layla Qassim: „Wir hatten bislang einen leichten Überhang an strategischen Gesellschaftern. Darum haben wir uns bei der Auswahl der Kapitalgeber diesmal etwas stärker auf die finanziellen Investoren fokussiert.“
Interessant: In der Pressemitteilung ist davon die Rede, dass die Deutsche Bank die Runde als „Private Placement Agent“ unterstützt habe. „In unseren ersten beiden Finanzierungsrunden sind wir ohne begleitende Bank ausgekommen. Diesmal haben wir uns bewusst für einen anderen Weg entschieden – weil: Ein Unternehmen in unserem Stadium kann gute Freunde gebrauchen. Und mit der Deutschen Bank haben wir einen solchen Freund nun gefunden“, so CEO Folz. Die naheliegende Nachfrage, ob damit auch schon vorentschieden sei, welches Geldinstitut die Solarisbank eines Tages an die Börse begleiten könnte, beantwortete Folz ebenso naheliegenderweise nicht mit dem Satz: „Klar, das wird die Deutsche Bank.“ Stattdessen betonte er, dass ein IPO für die nächsten zwei Jahre in keinem Fall auf der Agenda stehe und auch für die Zeit danach nur „eine denkbare Option unter mehreren“ sei.
Was soll nun mit den 60 Mio. Euro passieren? ‑Die zumindest noch für dieses und nächstes Jahr erwarteten Verluste auffangen Die europäische Expansion vorantreiben. Das will die Solarisbank (Mitarbeiter zurzeit: 310) aber weiterhin vor allem von Berlin aus tun; ausländische Büros sollen nur vereinzelt eröffnet werden.