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3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Nils Seebach

Potenziale der Digital-Due-Diligence

Dazu 3 Fragen an Nils Seebach

Spry­ker Systems, Factor‑A, Wald & Wiese Holding und Etri­bes Connect
Foto: Nils Seebach
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13. Novem­ber 2018

In disrup­ti­ven Zeiten helfen tradierte Bewer­tungs­mus­ter nicht weiter, während die Kompe­tenz, verlo­ckende Digi­tal­kon­zepte einge­hend zu prüfen, vieler­orts fehlt. Dabei sind die Aussich­ten für Private Equity-Fonds, die belast­bare Prozesse für den Umgang mit digi­ta­len Unter­neh­men mitbrin­gen, alles andere als trüb.


Dazu 3 Fragen an Nils Seebach, Gründer von Spry­ker Systems, Factor‑A, Wald & Wiese Holding und Geschäftsführer von Etri­bes Connect GmbH, Hamburg

1. Wie ist es zu erklä­ren, dass etli­che Private Equity-Fonds im digi­ta­len Zeit­al­ter falsche Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen tref­fen und attrak­tive Anlagemöglichkeiten links liegen lassen?

Es ist in der Tat so, dass Private Equity-Fonds nach wie vor unbekümmert Millionenbeträge in stationäre Handels­kon­zepte inves­tie­ren, die unter den meis­ten Analys­ten zu Recht als nicht zukunftsfähig gelten. Zumal es an diesen Fonds nicht vorbei­ge­hen kann, dass sich die betrof­fe­nen Berei­che ihrer Port­fo­lios eher dürftig entwi­ckeln. So sind Entschei­dun­gen, solche Posi­tio­nen zu behal­ten oder gar auszu­bauen, eigent­lich nur dann nach­voll­zieh­bar, wenn man den Invest­ment-Mana­gern unter­stellt, einen knall­har­ten Opti­mie­rungs­an­satz zu verfol­gen. Denn wer bei stationären Warenhäusern, Buch­han­dels­ket­ten oder Reisebürobetreibern an einen Turn­around und eine Rückkehr zu reel­lem Wachs­tum glaubt, wäre schlicht falsch infor­miert. Wir leben in radi­ka­len Zeiten, in denen etablierte Geschäftsmodelle binnen kürzester Zeit unter­ge­hen können.

Ange­sichts des Phänomens „Disrup­tion“ müssten Private Equity-Fonds ihre Bewer­tungs­mus­ter nicht nur um eine Kompo­nente „Digi­ta­les“ ergänzen, sondern von Grund auf völlig überdenken. Am Anfang einer jegli­chen Due-Dili­gence sollte jetzt immer eine GAFA-Analyse stehen.

2. Was heisst das genau?

Die erste Frage auf dem Weg zu einer Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dung sollte immer und ohne Ausnahme sein: Wie stellt sich das Unter­neh­men in Bezug auf die Platt­for­men Google, Amazon, Face­book und Apple (kurz GAFA) auf? Denn diese beherr­schen immer weitere Teile der Volks­wirt­schaft. Selbst, wenn bei ihnen kein Produkt oder Dienst­leis­tung direkt gekauft werden (und das ist immer öfter der Fall), bestim­men sie, was Konsu­men­ten – und zuneh­mend auch profes­sio­nelle Einkäufer – an Ange­bo­ten zu sehen bekom­men, wie sie diese bewer­ten und sogar was sie für möglich halten. So muss immer geprüft werden, inwie­weit das Geschäftsmodell des Unter­neh­mens von diesen Platt­for­men ange­grif­fen worden oder angreif­bar ist.

Inves­to­ren müssen erken­nen lernen, welche Herstel­ler beson­ders gut mit neuen Konsum­ge­wohn­hei­ten umge­hen – und die Fähigkeit entwi­ckeln, den Zurückgebliebenen zu helfen.

3. Wie sollte nach diesen Para­me­tern dann eine „Digi­tale“ Due Dili­gence aussehen?

Es ist immer wieder überraschend, dass Private Equity-Unter­neh­men substan­zi­el­les Geld für Finan­cial- und Legal Due Dili­gence durch ausge­wie­sene Exper­ten ausge­ben, sich aber mit – offen gespro­chen – amateur­haf­ten Prüfungen von digi­ta­len Kenn­zah­len zufrie­den geben. Eine wirk­lich fundierte Digi­tal Due Dili­gence durch ausge­wie­sene Exper­ten sollte genauso zum Stan­dard­pro­gramm gehören, wie es finan­zi­elle und recht­li­che Prüfungen längst tun. Auch „maybe“-Einhörnern muss man ins Maul schauen – und die Zahn­rei­hen­folge sollte man an der Stelle schon kennen. — Die Leis­tungs­bi­lan­zen für Private Equity-Fonds, die nicht nur auf die Digi­ta­li­sie­rung reagie­ren, sondern sie sich proak­tiv zunutze machen, sind ausge­spro­chen gut.

Man muss Digi­tal Busi­ness und seine Regeln im Detail verste­hen, um das dort vorhan­dene Poten­zial für sein Invest­ment Port­fo­lio reali­sie­ren zu können. Bei Due Dili­gence-Prozes­sen, die im Auftrag von Private Equity-Fonds durchgeführt werden, fällt auf, dass Fach­wis­sen fehlt und so oft völlig am Wesent­li­chen vorbei analy­siert wird. Beispiels­weise prüfen etwa Ernst & Young, KPMG & Co. doch ernst­haft digi­tale Geschäftsmodelle auf deren kurz- und mittel­fris­tige Wirt­schaft­lich­keit und erstel­len seiten­weise Gutach­ten voller KPIs, die eigent­lich nur von E‑Com­merce- und Online-Marke­ting-Exper­ten evalu­iert werden können.

Betrach­tet man die Marke­ting­aus­ga­ben im Digi­ta­len, so gilt fast ausnahms­los: Wer zuerst wegguckt, verliert. — Hohe Spen­dings sind nicht nur die Regel, sondern oft die Voraus­set­zung, die kriti­sche Größe zu errei­chen, unter der es lang­fris­tig nicht funk­tio­niert. Erst wenn die Zahl der Wiederkäufer signi­fi­kant ansteigt, ist ein Ende der Geld­ver­brenn­phase auch nur annähernd in Sicht. — Solche Zusammenhänge müssen verstan­den sein, sonst läuft man Gefahr, bei solchen Konzep­ten viel Geld zu verlieren.

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