Kartellbehörden greifen massiv ein – USA bleiben attraktiv– Chinesische Investoren haben es schwer
Frankfurt — Der M&A‑Markt ist im ersten Quartal 2018 schwungvoll gestartet. Die unverändert guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, günstiges Fremdkapital und ein Markt mit attraktiven Übernahmezielen sorgen für ein dynamisches Transaktionsgeschehen, das sich von politischen und regulatorischen Schwierigkeiten unbeeindruckt zeigt. Dies gilt insbesondere für Transaktionen mit deutscher Beteiligung auf Käufer‑, Verkäufer- oder Zielunternehmensseite. Trotz einer im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres leicht gesunkenen Anzahl von 550 Deals stieg das Transaktionsvolumen bei Deals mit deutscher Beteiligung auf 82,8 Milliarden US-Dollar. Damit bewegt sich der Markt weiterhin auf beachtlich hohem Niveau, so die Ergebnisse der aktuellen M&A Insights von Allen & Overy.
Deal-Treiber
Deal-Treiber sind primär Digitalisierung und Automatisierung, die als technologische Großtrends dafür sorgen, dass IT-Unternehmen auf Käuferseite sehr aktiv sind. Gleichzeitig werden die Unternehmen dieser Branche aber auch zu attraktiven Targets für strategische Investoren, die so ihre Produkt- und Technologie-Portfolios erweitern. Außerdem sind – wie schon in den Vorjahren – die Sektoren Pharma und Healthcare sowie Industrie-Dienstleistungen und Telekommunikation sehr aktiv. Auch im Banken-Sektor, in dem es in der jüngeren Vergangenheit nur wenige Transaktionen gab, ist wieder Bewegung, nicht zuletzt wegen der Übernahme der HSH Nordbank durch eine Gruppe unabhängiger Investoren um die US-Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers für 1 Milliarde Euro.
Einen Höhepunkt im M&A‑Geschehen bildete aus deutscher Sicht zweifellos die beabsichtigte Zerschlagung von Innogy. Die Konzerne RWE und E.ON, die beiden größten deutschen Energieversorger, haben sich darauf geeinigt, die bisherigen Innogy-Geschäfte untereinander aufzuteilen. Das Deal-Volumen beziffert sich hier auf 37,86 Milliarden US-Dollar.
Ein weiterer Paukenschlag im ersten Quartal: der Einstieg von Geely bei Daimler AG mit einem Transaktionswert von 8,95 Milliarden US-Dollar.
Kartellbehörden lassen M&A‑Deals scheitern
Der Eindruck, dass Kartellbehörden massiv ins M&A‑Geschehen eingreifen, hat sich zuletzt nochmals verstärkt. Gerade dort, wo sich branchenübergreifend zu hohe Marktanteile bilden, werden geplante Transaktionen zum Teil unter einschneidende Auflagen gestellt oder platzen am Ende sogar ganz. Prominentestes Beispiel in jüngster Zeit ist sicherlich die gescheiterte Übernahme der Air-Berlin-Tochter Niki durch die Lufthansa. Diesen Trend belegen auch Zahlen: Laut einer Untersuchung von Allen & Overy über die Fusionskontrollpraxis in 26 Jurisdiktionen scheiterten im Jahr 2017 allein 38 Deals am Veto der Aufseher.
„Transaktionen werden immer größer, doch in gewissen Märkten wird die Zahl der Wettbewerber immer kleiner. Wo die Kartellbehörden intervenieren, speisen sie aber auch weitere M&A‑Aktivitäten“, so M&A‑Partner Dr. Hartmut Krause (Foto). So muss Bayer etwa eine Reihe von Abverkäufen tätigen, um den Monsanto-Deal vollziehen zu können. Auch die Fusion Linde/Praxair steht unter strengen Auflagen der Kartellbehörden.
Erschwerte Bedingungen für chinesische Investoren
Nach 2016, dem Rekordjahr für chinesische Unternehmenskäufe in Deutschland, sind die M&A‑Aktivitäten der Chinesen seit 2017 etwas zurückgegangen. Im ersten Quartal dieses Jahres waren daher nur wenige, eher kleinere Transaktionen zu verzeichnen. Hartmut Krause erläutert die Ursachen: „Zum einen hat die Regierung Chinas schon vor einiger Zeit Regularien erlassen, um eine weitere Kapitalflucht ins Ausland zu verhindern. Zum anderen stellen juristische Hürden die chinesischen Investoren vor Schwierigkeiten. Nicht zuletzt wegen der Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnung agieren die Chinesen derzeit zurückhaltender auf dem deutschen M&A‑Markt.“
Dennoch rechnen Experten für 2018 weiter damit, dass chinesische Investoren an signifikanten Trans-aktionen beteiligt sein werden. „China strebt nach der globalen Technologieführerschaft. Die dafür benötigte Technologie, soll weltweit – auch in Deutschland – eingekauft werden. Gerade Technologie- und Produktionsunternehmen stehen daher weiter ganz oben auf der Prioritätenliste chinesischer Investoren. Im Bank- und Finanzwesen fehlt ihnen dagegen Erfahrung, und sie kommen in diesem Bereich nicht zum Zug“, so Experte Krause.
USA bleiben attraktiv
Zwar verbieten die USA nach wie vor Transaktionen mit chinesischen Erwerbern, doch mit Blick auf deutsche Akquisitionen hat sich die Situation unter Präsident Donald Trump eher positiv entwickelt. Die USA werden für Unternehmen aus Europa und damit auch aus Deutschland durch die Steuerreform ein noch attraktiverer Standort. Aber auch für US-Unternehmen, die in Europa investieren, sinkt die Steuerbelastung, weil dort erzielte Gewinne nun nicht länger nachversteuert werden müssen.
„Die kontroversen politischen Entwicklungen unter Präsident Trump beeinträchtigen die M&A‑Aktivität mit den USA kaum“, beobachtet Krause. Überall in den USA sei ein gesundes Wirtschaften der Unternehmen zu verzeichnen. Und weiter: „Ob und inwiefern die US-Steuerreform die amerikanischen Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz aus dem Ausland bei M&A‑Transaktionen tatsächlich besser stellt, bleibt abzuwarten. Ganz offensichtlich sind mittel- und langfristige strategische unternehmerische Ziele stärkere Treiber für M&A‑Transaktionen als die aktuellen politischen Debatten.“
Ausblick
Hartmut Krause blickt optimistisch auf den weiteren Verlauf des deutschen M&A‑Jahres: „Weder die US-Politik von Donald Trump noch der nahende Brexit beeinflussen die M&A‑Aktivitäten in Deutschland negativ. Fremdkapital ist nach wie vor billig und Finanzinvestoren stehen weiterhin hohe liquide Mittel zur Verfügung. Der Markt könnte auch im Fall einer Zinswende mit deren Folgen umgehen. Die Ampeln am deutschen M&A‑Markt stehen daher weiterhin auf Grün.“