ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: A. von Breitenbuch | O, H & S

Wie aktiv sind internationale Venture Capital-Firmen in Deutschland?

Dazu 3 Fragen an Dr. Albrecht von Breitenbuch M.A.

Orrick, Herring­ton & Sutcliffe LLP
Foto: A. von Brei­ten­buch | O, H & S
Weitere Inter­views
8. April 2015

In Deutsch­land hat seit 2009 kein Geld­ge­ber mehr Geld in deut­sche Start­ups inves­tiert als der High-Tech Grün­der­fonds. Inzwi­schen betei­li­gen sich immer häufi­ger inter­na­tio­nale Venture Capi­­tal-Geber an Finan­zie­rungs­run­den junger, deut­scher Unter­neh­men im Tech­no­lo­gie­be­reich. Welche inter­na­tio­na­len VCs sind aktiv auf dem deut­schen Markt und in welchen Beteiligungsphasen?


Dazu 3 Fragen an Part­ner bei Orrick, Herring­ton & Sutcliffe LLP in Berlin

1. Wie aktiv sind inter­na­tio­nale Venture Capi­tal-Unter­neh­men (VCs) im Tech­no­lo­gie­be­reich tatsäch­lich in Deutschland?

In unse­rer Bera­tungs­pra­xis für Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men und deren Inves­to­ren sehen wir aktu­ell ein wach­sen­des Inter­esse von inter­na­tio­na­len VCs an deut­schen Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men und auch eine wach­sende Inves­ti­ti­ons­tä­tig­keit, und zwar grund­sätz­lich für alle Betei­li­gungs­pha­sen. Aller­dings bewe­gen wir uns noch auf einem sehr nied­ri­gen Gesamt­ni­veau. Inter­na­tio­nale VCs, zumal dieje­ni­gen aus den USA und im spezi­el­len dem Sili­con Valley, selbst wenn sie bereits ein euro­päi­sches Büro in London haben, haben nach wie vor in ihrem Heimat­markt quasi vor der Haus­tür so viele Inves­ti­ti­ons­mög­lich­kei­ten, dass sie sich in den meis­ten Fällen gar nicht die Mühe machen (müssen), nach Alter­na­ti­ven in Deutsch­land zu schauen. Deutsch­land steht inso­fern in direk­ter Konkur­renz mit ande­ren Standorten.

Ande­rer­seits haben sich in Deutsch­land die Rahmen­be­din­gun­gen für Grün­der und ihre Unter­neh­men in Bezug auf die Finan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten verbes­sert. Es gibt zahl­rei­che Möglich­kei­ten für die Früh­phase (Seed). In dieser Phase sind die Grün­der gar nicht unbe­dingt auf inter­na­tio­nale Inves­to­ren ange­wie­sen. Schwie­rig wird es in der Anschluss- und Wachs­tums­fi­nan­zie­rung. Hier bedarf die deut­sche Inves­ti­ti­ons­land­schaft drin­gend der Kapi­tal­in­jek­tion von außen. Stra­te­gisch denkende Grün­der binden hier­für früh­zei­tig inter­na­tio­nale bzw. inter­na­tio­nal vernetzte VCs bereits in den ersten Finan­zie­rungs­run­den ein, damit diese im Anschluss Türen bei weite­ren Finan­zie­rungs­run­den öffnen.

2. Welche Schwie­rig­kei­ten haben inter­na­tio­nale VCs zu meis­tern, um nach Deutsch­land zu kommen?

Die größ­ten Schwie­rig­kei­ten für inter­na­tio­nale VCs liegen unse­rer Erfah­rung nach im fehlen­den Netz­werk und fehlen­der Markt­kennt­nis bei Markt­ein­tritt. — Es beginnt mit der Iden­ti­fi­zie­rung, Prüfung und Bewer­tung der Inves­ti­ti­ons­mög­lich­kei­ten und endet mit Verhand­lung, Struk­tu­rie­rung und Durch­füh­rung eines Invest­ment. Solange dem VC eigene Markt­kennt­nis und eige­nes Netz­werk fehlen, muss er wirt­schaft­li­che Abschläge, Unsi­cher­hei­ten, Mehr­auf­wand und gege­be­nen­falls Kosten in Kauf nehmen. Stra­te­gisch gese­hen soll­ten sich diese Schwie­rig­kei­ten mit jedem Invest­ment deut­lich abbauen lassen. Sie lassen sich mit einer rich­ti­gen Team­auf­stel­lung von Anfang an schon auf ein Mini­mum redu­zie­ren. In unse­rer Bera­tungs­pra­xis in einem solchen Team unter­stüt­zen wir in solchen Situa­tio­nen häufig inter­na­tio­nale VCs oder auch die Grün­der, die einen solchen gewin­nen wollen, indem wir proak­tiv Hinter­grund-infor­ma­tio­nen zu recht­li­chen Rahmen­be­din­gun­gen zur Verfü­gung stel­len, hiesige Beson­der­hei­ten in das jewei­lige andere Rechts­ver­ständ­nis „über­set­zen“ und aufgrund unse­rer Erfah­rung für einen reibungs­lo­sen Trans­ak­ti­ons­ab­lauf sorgen. Damit lassen sich Erwar­tun­gen und Resul­tate steu­ern und für inter­na­tio­nale VC ein Inves­ti­ti­ons­rah­men und –komfort schaf­fen, der dem vergleich­bar ist, was sie bei einem „Heimat­in­vest­ment“ erwar­ten würden.

3. Ist das deut­sche „Ökosys­tem“ bereit für inter­na­tio­nale VCs?

Die deut­sche Inves­ti­ti­ons­land­schaft ist nach unse­rer Erfah­rung grund­sätz­lich bereit für inter­na­tio­nale VCs. Das bele­gen auch die zahl­rei­chen Invest­ments der jünge­ren und jüngs­ten Vergan­gen­heit allein in Berli­ner Start­ups wie zum Beispiel: erst Atomico, dann Sequoia in 6Wunderkinder, Insight Venture und Kite Ventures in Deli­very Hero, MCI Manage­ment in Auction­ata, Partech in Klara, jüngst North­zone in Outfittery.

Die Anbah­nung und Abwick­lung von Invest­ments gelingt bei rich­ti­ger Aufstel­lung der Betei­lig­ten gerade auch im Hinblick auf wech­sel­sei­tige Erwar­tun­gen reibungs­los. Es gibt in Deutsch­land eine Viel­zahl aussichts­rei­cher Tech­no­lo­gie-Start­ups in verschie­de­nen Berei­chen – allen voran E‑commerce, Fintech, Medtech, Hard­ware, Soft­ware. Es gibt für viele Start­ups mit ihren Produk­ten Anknüp­fungs­punkte an den erfolg­rei­chen deut­schen Mittel­stand. Der Bedarf für Risi­ko­ka­pi­tal ist keines­falls gedeckt, so dass Inves­to­ren gerade im Bereich größe­rer Tickets und späte­rer Phasen in gute Verhand­lungs­po­si­tio­nen auch gegen­über Altin­ves­to­ren gelan­gen können. Es gibt inzwi­schen etablierte Markt­stan­dards, die sich sehr an die inter­na­tio­nal und in ande­ren Märk­ten gelten­den Kondi­tio­nen ange­nä­hert haben. Vor allem können inter­na­tio­nale VCs inzwi­schen auch auf ein Netz­werk ihrer Peers zugrei­fen, die bereits in Deutsch­land erfolg­reich inves­tiert und etabliert sind.

 

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