Welche Investments stehen im Fokus von alternativen Investoren?
Lassen Sie mich vorweg kurz anmerken: Wir haben vor zwanzig Jahren, im Juli 1997, den Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI) mit acht Mitgliedern gegründet, mit dem Ziel, eine Interessenvertretung für alternative Anlagestrategien aufzubauen. Die Alternative-Investment-Branche war damals eine Nische und steckte noch in den Kinderschuhen. Nach zwanzig Jahren sind die Alternatives im Mainstream angekommen. Die Branche verwaltet weltweit geschätzte 8 Billionen USD in Assets, und es gibt auch in Deutschland kaum noch institutionelle Investoren ohne eine Allokation in Private Markets oder Liquid Alternatives. Der BAI ist über diese Zeit gewachsen und besteht in der Zwischenzeit aus 173 nationalen und internationalen Mitgliedsunternehmen, die die gesamte Wertschöpfungskette im Alternative-Investment-Bereich abbilden.
Im Vorfeld unser jährlichen Alternative Investor Conference fragen wir regelmäßig institutionelle Investoren in einem Survey nach ihren Plänen im Bereich Alternative Investments. Über die letzten zwölf Monate haben 86% der befragten Investoren ihre Allokationen im Alternative-Bereich erhöht. Hervorzuheben ist hier, wie sehr die Erwartungen der Investoren bei bereits getätigten Investments erfüllt oder sogar übertroffen wurden. Im Private Debt-Sektor zum Beispiel sahen 70% der Investoren ihre Renditeerwartungen erfüllt, 18% sogar übertroffen. Beim Risiko betrachteten rund 96% der Investoren ihre Erwartungen bei ihren Privat Debt Investments erfüllt, 4% gar als übertroffen; in Bezug auf die Portfoliodiversifikation sahen 87% ihre Erwartungen erfüllt und sogar 10% übertroffen. Angesichts der hohen Zufriedenheitswerte wundert es nicht, daß institutionelle Investoren in den nächsten 3–5 Jahre eine Erhöhung der Allokationen in den Private Markets planen Mit dem Fokus auf Infrastruktur, Private Debt und Private Equity.
Die regulatorischen Rahmenbedingungen haben einen fundamentalen Einfluss auf die Investitionsentscheidungen der Investoren. Der BAI beschäftigt sich u.a. seit Jahren sehr intensiv mit dem Anlagesegment Private Debt und hat viele der Rahmenbedingungen intensiv begleitet und mitentwickelt. Starken Einfluss auf die Entwicklung des Marktes hatte die Änderung der Verwaltungspraxis zu Kreditfonds durch die BaFin im Mai 2015 und deren gesetzliche Implementierung durch das OGAW-V-Umsetzungsgesetz nebst KAMaRisk.
Als Verband haben wir die Konsultationen hierzu intensiv begleitet und mitgestaltet. Wir sind der Meinung, dass deutschen institutionellen Investoren eine Anlage in die Fonds der besten Manager weltweit möglich sein sollte – und diese sitzen in den zur Zeit attraktivsten Anlageklassen wie Private Equity, Private Debt, Infrastruktur und Hedgefonds/Liquid Alternatives häufig im angelsächsischen Ausland. Wenn das deutsche Investorenaufsichtsrecht bspw. Investitionen in Fonds von Managern mit Sitz in den USA oder in anderen Nicht-EU-Jurisdiktionen verunmöglicht, schränkt dies unnötigerweise das Anlage-Universum dieser Investoren ein. Ein besonderes Anliegen ist uns ebenfalls, dass ein Gleichlauf zwischen Aufsichtsrecht und Steuerrecht gewährleistet wird! Sinnvolle – alternative – Anlagemöglichkeiten in Infrastruktur, Private Equity, Private Debt, Absolute Return sollten nicht durch das Steuerrecht oder restriktive Anforderungen an Spezial-AIF in der Anlageverordnung konterkariert werden. Auch dass ein Goldplating von europäischen Regelungen in Deutschland vermieden wird, gehört zu unseren ständigen Forderungen. Es darf nicht zu schärferen, teilweise widersinnigen Anforderungen für die deutsche Fondsbranche und deren Investoren kommen.
Ein wesentlicher Einflussfaktor für den Private-Debt-Markt stellen natürlich die erhöhten Eigenkapital-Anforderungen an Banken im Rahmen von Basel III dar, die die Nachfrage nach alternativem Fremdkapital beeinflussten. Kreditinstitute waren über die letzten Jahre in vielen Fällen restriktiver bei der Kreditvergabe und haben dadurch das Feld für alternative Finanzierungsformen eröffnet. Besonders für kleine und mittelgroße Firmen haben alternative Finanzierungsformen an Bedeutung gewonnen. Sie bietet in vielen Fällen eine höhere Flexibilität hinsichtlich Laufzeit, Vergütung und Rückzahlung und gewinnen so an Attraktivität für den Kreditnehmer. Diese Konstellation trifft auf der Gegenseite auf institutionelle Investoren, die im Niedrigzinsumfeld nach neuen und alternativen Anlageformen suchen.
Der US-amerikanische Markt ist uns im Private Debt-Segment um einige Jahre voraus. Die Disintermediation von regulierten US-Banken durch Nicht-Banken hat schon vor über 20 Jahren begonnen und führte dazu, dass in den USA nur noch 20%(!) aller ausstehenden Kredite auf den Bankensektor entfallen. Auch wenn europäischen Kreditnehmern zwischenzeitlich die gleiche Bandbreite an Finanzierungsalternativen zur Verfügung stehen wie in den USA, wird der europäischen Markt noch einige Zeit brauchen, um eine vergleichbare Größe und Standardisierung zu erreichen. Hier drängt die European Securities and Market Authority (ESMA) auf ein einheitliches regulatorisches Rahmenwerk für Kreditfonds. Solange diese Bemühungen nicht zu einer Überregulierung des Marktes für Kreditfonds führen, sehe ich über die nächsten Jahre eine sehr positive Entwicklung im Private Debt-Markt.
Über Achim Pütz
Achim Pütz ist spezialisiert auf die Rechtsberatung deutscher und internationaler Mandanten hinsichtlich traditioneller und alternativer Investmentfonds und ist spezialisiert auf die Konzeption, Dokumentation und den Vertrieb strukturierter Finanzprodukte und Verpackungslösungen.
Pütz berät regulierte und nicht-regulierte institutionelle Investoren hinsichtlich ihrer Anlagen in komplexe alternative Investmentstrukturen, insbesondere Hedge- und Commodity-Fonds, Immobilien- und Infrastrukturfonds wie auch Debt- und Private Equity-Fonds.
Pütz ist Gründer und 1. Vorsitzender des Bundesverbandes Alternative Investments e.V. und war über viele Jahre Ratsmitglied der Alternative Investment Management Association (AIMA).