ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Christian Zwirner

Unternehmensbewertungen in Zeiten von Niedrigzinsen

Dazu 3 Fragen an Prof. Dr. Christian Zwirner

Dr. Klee­berg & Part­ner GmbH WPG StBG
Foto: Chris­tian Zwirner
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11. Novem­ber 2015

Bewer­tungs­fra­gen gehö­ren zu den schwie­rigs­ten betriebs­wirt­schaft­li­chen Themen­kom­ple­xen, mit denen sich Unter­neh­men und ihre Bera­ter in der tägli­chen Praxis ausein­an­der­set­zen müssen. Die Bewer­tungs­an­lässe und auch Bewer­tungs­ob­jekte können sehr unter­schied­lich sein. Kurz gesagt: Jede Bewer­tung ist anders! Da mit einer Unter­neh­mens­be­wer­tung teil­weise funda­men­tale Entschei­dun­gen von lang­fris­ti­gem und stra­te­gi­schem Charak­ter einher­ge­hen, müssen die Tücken einer Unter­neh­mens­be­wer­tung stets präsent sein. Eine große Heraus­for­de­rung für Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen ist derzeit das lang anhal­tende Niedrigzinsniveau.


Dazu 3 Fragen an Geschäfts­füh­rer der Dr. Klee­berg & Part­ner GmbH WPG StBG in München

1. Wie beur­tei­len Sie die Bedeu­tung von Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen für die Unter­neh­men in Deutsch­land sowie in Ihrer tägli­chen Praxis als Berater?

Bereits seit länge­rer Zeit ist eine hohe Bedeu­tungs­zu­nahme hinsicht­lich der Unter­neh­mens­be­wer­tung in der Praxis zu verzeich­nen. Diese Zunahme ist nicht zuletzt darauf zurück­zu­füh­ren, dass die Bewer­tungs­an­lässe in der Vergan­gen­heit deut­lich zuge­nom­men haben. Das betrifft sowohl frei­wil­lige Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen für Zwecke poten­zi­el­ler Über­nah­men, aber auch verpflich­tend durch­zu­füh­rende Bewer­tun­gen wegen gesell­schafts­recht­li­cher Verpflich­tun­gen oder aufgrund von Ausein­an­der­set­zun­gen im Fami­lien- oder Erbrecht. Diese Entwick­lung wird sich auch in Zukunft fort­set­zen. In diesem Zusam­men­hang wird bspw. die anste­hende Erbschaft­steu­er­re­form dazu führen, dass wesent­lich mehr Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen durch­ge­führt werden müssen, u.a. auch weil die bishe­ri­gen Verscho­nungs­mög­lich­kei­ten für Betriebs­ver­mö­gen eine gravie­rende Anpas­sung erfah­ren werden. Wo in der Vergan­gen­heit aufgrund der gesetz­li­chen Rege­lun­gen des ErbStG keine Bewer­tung des bestehen­den Vermö­gens für Zwecke der Erbschaft­steuer nötig war, wird man in Zukunft in vielen Fällen an einer Unter­neh­mens­be­wer­tung nicht mehr vorbeikommen. 

Wir beob­ach­ten in unse­rer tägli­chen Praxis aber auch jetzt schon eine erhöhte Bereit­schaft von Unter­neh­men und Unter­neh­mern, die Vorteile einer Unter­neh­mens­be­wer­tung bspw. für Zwecke der Absi­che­rung eines Kauf­prei­ses für sich zu nutzen – nicht zuletzt vor dem Hinter­grund stei­gen­der Compli­ance- und Corpo­rate Gover­nance- Anforderungen.

2. Mit welchen Heraus­for­de­run­gen sehen Sie sich als Bera­ter im Rahmen von Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen regel­mä­ßig konfrontiert?

Die Heraus­for­de­run­gen, denen man als Bera­ter im Rahmen von Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen begeg­net, sind je nach Bewer­tungs­an­lass oder Bewer­tungs­ob­jekt sehr unter­schied­lich. Regel­mä­ßig wird der Bera­ter aber vor der Aufgabe stehen, den Wert der künf­ti­gen (erwar­te­ten) Zahlungs­über­schüsse des Bewer­tungs­ob­jekts zum Zeit­punkt des Bewer­tungs­stich­tags zu bestim­men. Mit dieser Aufgabe geht die Bestim­mung einer Viel­zahl von Para­me­tern einher, die mit teil­weise erheb­li­chen Unsi­cher­hei­ten behaf­tet sind. Dazu zählen bspw. die Auswir­kun­gen der Rechts­form des Bewer­tungs­ob­jekts, die Eigner­struk­tur, das Markt- und Wett­be­werbs­um­feld, der Einfluss steu­er­li­cher Verhält­nisse und weitere unter­neh­mens­spe­zi­fi­sche Beson­der­hei­ten sowie recht­li­che Verän­de­run­gen im Unternehmensumfeld. 

Neben der korrek­ten Bestim­mung der künf­ti­gen finan­zi­el­len Über­schüsse, stellt die Ermitt­lung eines ange­mes­se­nen Kapi­ta­li­sie­rungs­zins­sat­zes regel­mä­ßig eine schwie­rige Aufgabe dar. Hinsicht­lich des Kapi­ta­li­sie­rungs­zins­sat­zes führen schon geringe Ände­run­gen in seiner Höhe zu einer großen Verän­de­rung im Unter­neh­mens­wert. Bei der Bestim­mung des Zins­sat­zes muss der Bera­ter daher mit großer Sorg­falt sämt­li­che Einfluss­fak­to­ren im Blick haben. 

Aktu­ell beschäf­tigt Unter­neh­men und ihre Bera­ter zudem das lang­an­hal­tende Nied­rig­zins­ni­veau. Der für Zwecke der Unter­neh­mens­be­wer­tung maßgeb­li­che Basis­zins­satz befin­det sich bereits seit langer Zeit in einem histo­ri­schen Tief. Das nied­rige Zins­ni­veau sorgt häufig dafür, dass Unter­neh­mens­werte und Betei­li­gun­gen in den Bilan­zen der Unter­neh­men hoch bewer­tet werden, ohne dass erkenn­ba­res zusätz­li­ches Ertrags­po­ten­zial gene­riert wurde.

3. Wie ist der Einfluss der nied­ri­gen Zinsen auf die Unter­neh­mens­werte zu beurteilen?

Die aktu­elle Nied­rig­zins­phase betrifft derzeit bran­chen­über­grei­fend und unab­hän­gig von der Unter­neh­mens­größe fast alle Unter­neh­men. Für Unter­neh­men, die bspw. aufgrund eines bestehen­den Geschäft- oder Firmen­werts einen jähr­li­chen Wert­hal­tig­keits­test nach IFRS durch­füh­ren müssen, führt der nied­rige Zins­satz dazu, dass die Unter­neh­mens­werte mögli­cher­weise höher bewer­tet werden als sie es nach ihrer tatsäch­li­chen Vermögens‑, Finanz- und Ertrags­lage eigent­lich sind. Die Gefahr der Bildung einer sog. Good­will-Blase ist groß. 

Gene­rell ist davon auszu­ge­hen, dass aufgrund des nied­ri­gen Zins­ni­veaus eine Viel­zahl von Unter­neh­men tenden­zi­ell über­be­wer­tet ist. Welche Konse­quen­zen sich im Einzel­fall erge­ben, wenn die Zinsen wieder stei­gen, kann derzeit noch nicht beur­teilt werden. Ein weite­res Problem besteht darin, dass die Möglich­kei­ten der Einfluss­nahme auf den Zins­satz sehr begrenzt sind. Wann sich die Entwick­lung zum Zins­satz wieder umkeh­ren wird, ist zudem unge­wiss. Für die Unter­neh­men ist es daher wich­tig, dass sie die Auswir­kun­gen des nied­ri­gen Zins­sat­zes im Blick behal­ten und früh­zei­tig Maßnah­men einlei­ten, um poten­zi­el­len Risi­ken recht­zei­tig entge­gen­wir­ken zu können.

 


 

Über Prof. Dr. Chris­tian Zwirner

Prof. Dr. Chris­tian Zwir­ner ist Geschäfts­füh­rer der Dr. Klee­berg & Part­ner GmbH WPG StBG in München. Er beschäf­tigt sich schwer­punkt­mä­ßig mit Fragen der Unter­neh­mens­be­wer­tung. Hierzu veröf­fent­licht er regel­mä­ßig. Prof. Dr. Zwir­ner ist zudem Heraus­ge­ber des Hand­buchs Unter­neh­mens­be­wer­tung und bringt seine Fach­kom­pe­tenz in verschie­de­nen fach­li­chen Gremien ein.

Über die Dr. Klee­berg & Part­ner GmbH

Klee­berg mit Sitz in München und Hamburg berät natio­nale und inter­na­tio­nale Mandan­ten umfas­send in steu­er­li­chen und betriebs­wirt­schaft­li­chen Fragen sowie in allen Frage­stel­lun­gen aus dem Bereich der Wirt­schafts­prü­fung. Unsere hoch­qua­li­fi­zier­ten Mitar­bei­ter beherr­schen das gesamte Bera­tungs­spek­trum in den Berei­chen Steu­er­be­ra­tung, Wirt­schafts­prü­fung, betriebs­wirt­schaft­li­che Bera­tung, inter­na­tio­nale Betreu­ung und Corpo­rate Finance. Klee­berg ist zudem Mitglied von Crowe Horwath Inter­na­tio­nal und in seinem Geschäfts­be­reich Advi­sory u.a. auch auf Fragen der Unter­neh­mens­be­wer­tung spezialisiert. 

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