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FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Philipp Hübl

Konstruktive Disruption durch radikale Offenheit

Dazu 3 Fragen an Philipp Hübl

Universität der Künste Berlin
Foto: Phil­ipp Hübl
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18. Dezem­ber 2018

Im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung ändert sich die Umwelt schnell. Doch um den digi­ta­len Wandel zu verste­hen, stel­len die meis­ten Analy­sen die falsche Frage, nämlich: Wie verändern die neuen Tech­no­lo­gien uns? Die wich­ti­gere Frage lautet aber: Wie müssen wir uns verändern, welche Eigen­schaf­ten müssen wir haben, um mit dem Wandel umzugehen?


Dazu 3 Fragen an Phil­ipp Hübl, Autor und Dozent für Philo­so­phie an der Universität der Künste Berlin | www.philipphuebl.com

1. Herr Hübl, Sie sagen Offen­heit ist die Tugend der digi­ta­len Epoche. Woraus schlies­sen Sie das?

Die Analo­gie zum unter­neh­me­ri­schen Umfeld liegt auf der Hand: Je schnel­ler die Umbrüche in der Gesell­schaft, desto zentra­ler wird Offen­heit als Hand­lungs­ma­xime. — Betrach­ten wir die Tech­nik. In der zwei­ten Hälfte des 20. Jahr­hun­derts hat sich das Leben im Kern wenig verändert. Die heute über 40-jährigen sind in einer analo­gen Zeit aufge­wach­sen, in der eine inkre­men­telle Logik vorherrschte: die Idee, dass man Produkte und Firmen schritt­weise verbes­sert. Die Autos wurden schnel­ler, siche­rer und komfor­ta­bler und die Produkte im Super­markt vielfältiger. Der Proto­typ dieser inkre­men­tel­len Logik ist die deut­sche Inge­nieurs­kunst, deren Grund­idee lautet: Verfei­ne­rung und Optimierung. 

Seit eini­gen Jahren jedoch folgen Tech­no­lo­gien einer disrup­ti­ven Logik. Im Banking beispiels­weise revo­lu­tio­niert FinTech gerade die Bran­che, beson­ders sicht­bar beim mobi­len Zahlen. Bank­au­to­ma­ten und EC-Karten werden uns bald so altertümlich vorkom­men wie heute Faxgeräte.

2. Was bedeu­tet Disruption?

Dazu muss man sich die Umbrüche genauer anse­hen. „Disp­ru­tion“ heißt nicht, dass jetzt alles anders wird, also zum Beispiel bald weder Autos noch Verlage exis­tie­ren. Die digi­ta­len Umbrüche betref­fen viel­mehr eine Entkopp­lung von Träger und Funk­tion. Die Funk­tion bleibt, aber die Träger wech­seln. Zeitungs­ver­lage vertrei­ben keine gedruck­ten Zeitun­gen mehr, sondern haben sich abstrakt neu defi­niert: als digi­tale Nach­rich­ten­un­ter­neh­men. Auto­bauer verkau­fen bald nicht mehr Autos an Privat­per­so­nen, sondern Mobilitätskonzepte für Städte oder ganze Länder. — Die Bedürfnisse blei­ben konstant, jedoch die Umset­zung ändert sich radikal.

3. Was heisst das für Mana­ger, konkret für Finanzchefs?

Heute muss der Blick zuerst auf die Zukunft gerich­tet sein. Weni­ger Tradi­tion ist gefragt, dafür mehr Anti­zi­pa­tion. Die neue Rolle lautet: weni­ger verwal­ten, mehr entschei­den. Weni­ger Tradi­tio­na­list sein, dafür agiler und offe­ner handeln. 

Das zeigt auch eine Studie des World Econo­mic Forums, die gefragt hat, mit welchen Fähigkeiten man die „Vierte Indus­tri­elle Revo­lu­tion“ meis­tern kann. Beson­ders Kreativität und kriti­sches Denken werden in Zukunft in den Vorder­grund rücken. Beide Fähigkeiten sind dezi­diert nicht-tradi­tio­na­lis­tisch und mit einem hohen Maß an Offen­heit korreliert. 

In Europa könnten Unter­neh­men noch deut­lich offe­ner, krea­ti­ver und muti­ger werden. Es gibt bisher zu wenige große disrup­tive Geschäftsideen, von Leuten, die so progres­siv denken wie die Gründer der GAFA-Unter­neh­men. Diese Nach­fol­ger der Hippies aus Kali­for­nien haben Offen­heit zu ihrem Lebens­stil erkoren.
Offen­heit als Hand­lungs­ma­xime bedeu­tet mehr Verant­wor­tung für das Manage­ment, aber auch mehr Gestaltungsmöglichkeiten für Einzelpersonen.

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