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3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Stefan Constantin

Konsolidierungstrends im Food- und Pet Food-Bereich

Dazu 3 Fragen an Stefan Constantin

C▪H▪Reynolds▪Corporate Finance AG in Frankfurt
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30. Mai 2017

In den letz­ten Jahren war eine erheb­li­che Dyna­mik im Pet Food-Bereich zu beob­ach­ten. U.a. wurde GIMBORN, ein Herstel­ler von Produk­ten für Hunde und Katzen von Penta an den chine­si­schen Finanz­in­ves­tor Hill­house Capi­tal verkauft. Vendis Capi­tal veräu­ßerte YARRAH, einen Herstel­ler biolo­gi­scher Tier­nah­rung für Hunde und Katzen. Das Münch­ner Unter­neh­men TERRA CANIS, Haus­manns­kost für Tiere, hat im April eine Mehr­heit an Nestlé verkauft.


Dazu 3 Fragen an Part­ner und Mana­ging Direc­tor der C▪H▪Reynolds▪Corporate Finance AG in Frankfurt

1. Der Pet Food-Markt in Deutsch­land und Europa spezia­li­siert sich weiter. Zudem ist eine Premi­um­i­sie­rung fest­zu­stel­len, zugleich eine gewisse Konso­li­die­rung. Wodurch wurde denn diese dyna­mi­sche Entwick­lung ausgelöst?

Europa ist mit knapp über 30 % des Welt­mark­tes für Heim­tier­be­darf (einschließ­lich Pet Food) weiter­hin der zweit­größte Verbrau­cher­kon­ti­nent. Inner­halb Euro­pas trei­ben Groß­bri­tan­nien und Deutsch­land mit jeweils ca. 20 % Anteil, knapp gefolgt von Frank­reich den Markt. Aufgrund der im Gegen­satz zu Teilen Euro­pas und der USA in Deutsch­land eher schwa­chen Entwick­lung — die im ersten Halb­jahr 2016 auch einmal mit über 1 % ins Minus drehte — war eine weitere Diffe­ren­zie­rung auch der Sorti­mente unab­ding­bar. Das bereits seit 10 Jahren durch den Lebens­mit­tel­ein­zel­han­del (LEH) geprägte Geschäft mit konstant um die 54 % Anteil am Gesamt­vo­lu­men, wurde auch vom Wachs­tum der Handels­mar­ken beein­flusst. Die Herstel­ler begeg­ne­ten diesem Trend zuneh­mend mit der Einfüh­rung von Premi­um­pro­duk­ten, die durch die zuneh­mende ‚Huma­ni­sie­rung‘ der Heim­tiere auch immer besser ange­nom­men wurden. Inzwi­schen ist die Premi­um­han­dels­marke im LEH mit Vitami­nen und ande­ren Zusatz­stof­fen ein übli­cher Anblick im Regal.

 

Eine Konso­li­die­rung im Fach­han­dels­be­reich durch Markt­füh­rer wie die Tier­fach­markt-Ketten Fress­napf und Das Futter­haus, die beide weiter­hin Wachs­tums­ra­ten jenseits der 5 % p.a. aufwei­sen, scheint sich zum weite­ren Nach­teil der Droge­rie­märkte und des klas­si­schen Tier-(Zoo) Fach­ge­schäf­tes zu entwi­ckeln. Eine weitere Konso­li­die­rung wird durch die Verschie­bung ins Online-Geschäft erfol­gen, das bspw. den gängi­gen Versand­mo­del­len von großen Packungs­ein­hei­ten in mitt­le­rer Frist auch Abo-Modelle klei­ne­rer Units entge­gen­set­zen wird – MyMously indi­vi­du­ell für die Katze scheint nicht allzu weit entfernt. Zooplus als online pure Player konnte allein im ersten Quar­tal 2017 ein Umsatz­wachs­tum um 24% auf EUR 257 Mio. erzie­len, damit dürfte die Umsatz­mil­li­arde in Europa in erreich­bare Nähe rücken. Trotz­dem stel­len die Online-Größen, zu denen in Europa auch Pets-at-Home in UK gehört, in Deutsch­land derzeit mit mehr als EUR 450 Mio. weit weni­ger als 10 % des Gesamt­mark­tes. Hier wird sich noch eini­ges verändern.

2. Wie sehen im Vergleich zu Deutsch­land die inter­na­tio­na­len Trends aus und was sind denn die Trei­ber dieses globa­len Wachstums?

Inter­na­tio­nal blei­ben die Mega­trends ‚Vermensch­li­chung‘ des Haus­tie­res, Conve­ni­ence — auch in der Verpackung‑, und Gesund­heit weiter­hin bestehen. Zusam­men mit der oben genann­ten Entwick­lung der Onlin­ever­käufe sowie dem Bevöl­ke­rungs­wachs­tum und der gleich­zei­ti­gen Senkung der Hunde­steuer in China wird bei einem CAGR von 4,7 % der Markt auf mehr als EUR 130 Mrd. in 2020 geschätzt. Die im Februar ange­kün­digte Betei­li­gung von KKR an der chine­si­schen Gambol Gruppe, die neben dem eige­nen Markt auch Eigen­mar­ken­zu­lie­fe­rer von Walm­art sind, weist den Weg. Inter­na­tio­nal zeigen sich ‚für das Tier‘ in den besser situ­ier­ten Volks­wirt­schaf­ten die glei­chen Entwick­lun­gen ab wie für die jewei­li­gen Besit­zer. Das zeigt nicht nur der Kauf von Antei­len der brasi­lia­ni­schen Mogi­ana Alimentos und des orga­nisch-biolo­gisch fokus­sier­ten Tier­nah­rungs­her­stel­lers Nature‘s Variety durch die spani­sche Agro­li­men Gruppe sondern auch der oben ange­spro­chene Verkauf der Yarrah Petfood von der Betei­li­gungs­ge­sell­schaft Vendis an AAC Capi­tal. Das Unter­neh­men bietet biolo­gisch ange­baute und vegane Kost an „ohne chemi­sche Anti­oxi­dan­tien, künst­li­che Duft‑, Farb- und Geschmacks­stoffe, raffi­nier­ten Zucker oder gene­tisch verän­derte Inhalts­stoffe“. Einfach gesagt wird der Napf des Tieres zum Kühl­schrank des Besit­zers. Selbst der viel­dis­ku­tierte Paleo-Diät Ansatz, „Essen wie in der Stein­zeit“ wird für die Hunde und inzwi­schen auch Katzen entspre­chend gespiegelt.

 

Eine milde Form dessen, ist die zunächst insbe­son­ders bei ameri­ka­ni­schen Hunde­be­sit­zern ausge­prägte B.A.R.F. (Biolo­gi­cally Appro­pi­ate Raw Food) Trend zur Rohwa­ren-Fütte­rung, dieser hat sich auch in Deutsch­land durch­ge­setzt und seine Anhän­ger gefun­den. Die Nach­hal­tig­keit dieser Entwick­lun­gen wird durch Trans­ak­tio­nen von Stra­te­gi­schen Inves­to­ren wie Nestlé Purina die bereits in 2015 den ersten zerti­fi­zier­ten Produ­zen­ten von orga­ni­schem Hunde­fut­ter, Merrick, erwar­ben, unter­stri­chen. Davon unbe­rührt bleibt das Wachs­tums­thema „Snacks und Lecke­reien“. Hier ändert sich zwar der Inhalt, aber auf die Conve­ni­ence-gerech­ten Klein­ver­pa­ckun­gen mag der Käufer nicht verzich­ten. Der auf Nach­hal­tig­keit wert­le­gende Produ­zent wird voraus­sicht­lich die Pack­stoffe so verän­dern, dass der Kunde den Unter­schied zwischen einem Bio-Tiers­nack und den vega­nen Chips fürs Frau­chen oder Herr­chen gerade noch anhand der Regal­über­schrift erken­nen kann.

3. Nahrungs­er­gän­zungs­mit­tel für Tiere sind in den USA ein enor­mer Trend. Wer seinen Hund beispiels­weise vegan ernährt, ist auf Zusatz­stoffe ange­wie­sen. Wie schät­zen Sie diese Entwick­lung inter­na­tio­nal ein? Ist dieser Trend bereits hier angekommen?

Die Meinun­gen, ob über­haupt und wie „wich­tige Nähr­stoffe“ über Nahrungs­er­gän­zungs­mit­tel oder Futter zuge­führt werden müssen, gehen wie in der human­me­di­zi­ni­schen Welt ausein­an­der. Sicher ist, dass neben den Arthrose-Mitteln, die jetzt schon einen größe­ren Kreis von Besit­zern großer Hunde über den Tier­arzt, den Fach­han­del oder über Online­por­tale errei­chen, eine Viel­falt an Produk­ten das normale Misch­fut­ter ergän­zen wird. Die omega‑3 und omega‑6 Fett­säure ange­rei­cher­ten Produkte, die wir zu uns nehmen, werden ebenso unse­ren Haus­tie­ren zugu­te­kom­men. Noch befin­den sich auf einschlä­gi­gen Websei­ten nur wenige Produkte der im Human­be­reich schon umfang­rei­chen ‚Super­foods‘ Kate­go­rie, das wird sich unse­res Ermes­sens nach ändern. Das von Ihnen oben genannte Terra Canis bietet bereits eine Super­foods-Pulver­mi­schung an, was aus Sicht des neuen Part­ners Nestlé, der Healthy Nutri­tion weiter ausbauen möchte, nur konse­quent ist.

 

Aus unse­rer Sicht werden sich aufgrund der immer noch stark oligo­po­lis­ti­schen, regio­nal und mittel­stän­disch gepräg­ten Anbie­ter­struk­tur viele Trans­ak­tio­nen eher im unte­ren drei­stel­li­gen und insbe­son­dere im zwei­stel­li­gen Millio­nen Euro Bereich abspie­len. Die ganz großen Trans­ak­tio­nen in der Tier­ge­sund­heit wie die Über­nahme der Novar­tis Animal Care durch Eli Lilly in 2015 hatte neben dem klei­ne­ren Pet Care Anteil in erster Linie auch die Nutz­tier-Gesund­heit im Fokus. Ebenso spielte bei der im Januar 2017 annon­cier­ten Über­nahme des ameri­ka­ni­schen Tier­kli­nik-Betrei­bers VCA durch die Nummer 1 in der Tier­nah­rung Mars für 9,1 Milli­ar­den US-Dollar neben der Siche­rung einer stra­te­gi­schen Posi­tion in der Wert­schöp­fungs­kette sicher auch die Profi­ta­bi­li­tät und die bereits im Besitz der Mars befind­li­che Sparte Banfield Pet Hospi­tal mit 900 Tier­kli­ni­ken eine Rolle.

 

Über Stefan Constantin

Stefan Constan­tin ist Grün­dungs­part­ner der C§H§Reynolds§Corporate Finance AG mit Fokus auf den Sekto­ren Konsum­gü­ter & Handel, E‑Commerce, Indus­tri­elle Produkte sowie Gesundheitswesen/ Pharma und Chemie.

Der 1992 in Frank­furt gradu­ierte Diplom-Kauf­mann betreute zunächst bei dem Corpo­rate-Finance-Haus Doer­ten­bach & Co. grenz­über­schrei­tende Mittel­markt-Trans­ak­tio­nen, Kauf­man­date auslän­di­scher Unter­neh­men und Auktio­nen mit Betei­li­gung von Finanz­in­ves­to­ren. 1998 grün­dete er gemein­sam mit Felix Hoch die C§H§Reynolds§Corporate Finance AG. In den letz­ten 20 Jahren konnte er eine Viel­zahl mittel­gro­ßer Unter­neh­men und renom­mier­ter Finanz­in­ves­to­ren bei Veräu­ße­run­gen unter­stüt­zen und hat zahl­rei­che inter­na­tio­nale Akqui­si­ti­ons­vor­ha­ben börsen­no­tier­ter Unter­neh­men begleitet.
Stefan Constan­tin ist Mitglied in der Verei­ni­gung für Chemie und Wirt­schaft VCW e. V. und in der Gesell­schaft Deut­scher Chemi­ker GDCh. Zudem ist er Mitglied des Busi­ness Advi­sory Boards des FIZ — Frank­fur­ter Inno­va­ti­ons­zen­trum Biotech­no­lo­gie und der Frank­fur­ter Gesell­schaft für Handel, Indus­trie und Wissenschaft.

Er war bis März 2014 Vorsit­zen­der der Verei­ni­gung deut­scher M&A‑Berater.

 

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