Klimafreundliche Infrastruktur — Chancen für Privatinvestoren
Die Regierungen erkennen zunehmend, dass Infrastruktur-Investitionen der Dreh- und Angelpunkt bei der Festlegung effektiver grüner Übergangspfade sind. Die Infrastruktur ist derzeit für durchschnittlich mehr als zwei Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Gut geplante Infrastrukturprojekte mit einem stärkeren Fokus auf den Klimawandel und die umfassendere Nachhaltigkeitsagenda erhöhen daher nicht nur das potenzielle Produktionswachstum und verbessern die Widerstandsfähigkeit, sondern tragen auch zur Verringerung des Kohlenstoff-Fußabdrucks bei. — Allerdings werden die derzeitigen öffentlichen Investitionspläne allein nicht ausreichen, um die geschätzte grüne Investitionslücke zu schließen.
Unsere internen Berechnungen ermöglichen es uns, den Bedarf der einzelnen Sektoren zu ermitteln, um verschiedene Emissionsziele zu erreichen, und sie mit der Verteilung der neuen Plänen (Abb. 1)5. Die verschiedenen Pläne zur Ankurbelung der Infrastruktur, die während der Covid-19-Krise aufgelegt wurden, scheinen diesen Veränderungen teilweise Rechnung zu tragen. Vergleicht man den tatsächlichen Investitionsbedarf nach Sektoren mit den aktuellen Plänen, so stellt man fest, dass letztere in den Bereichen Elektrizität und Netze zu kurz greifen, wo der Investitionsbedarf am größten ist.
Wir schätzen die größte Investitionslücke für den grünen Wandel in der öffentlichen Infrastruktur in den USA auf etwa 1,7 % pro Jahr. In Europa sind die größten Investitionslücken in Spanien und Frankreich (1,6 % bzw. 1,3 % des BIP pro Jahr) zu verzeichnen, während die Zahlen in Italien (0,6 %) und Deutschland (0,4 %) moderater ausfallen. Deutschland kann den geschätzten Investitionsbedarf nur unter Berücksichtigung des Impulses aus dem Osterpaket decken – vorausgesetzt, die Mittel werden effizient zugewiesen und die Projekte werden effektiv umgesetzt.
Die Schaffung eines günstigen regulatorischen Umfelds für Infrastrukturinvestitionen kann dazu beitragen, langfristige Finanzmittel von langfristigen Investoren zu mobilisieren. Mehrere G20-Länder – und andere Länder mit bedeutenden Versicherungssektoren – haben nur eine teilweise oder gar keine Sonderbehandlung für Infrastruktur. So verlangen die Liquiditätsregeln von den Versicherern, dass sie beträchtliche Kapitalbeträge zur Deckung von Investitionen in Infrastrukturschulden bereitstellen, insbesondere für Transaktionen ohne Rating. Bislang hat der Mangel an Daten über die Kreditwürdigkeit von Infrastruktur- projekten eine bessere Vergleichbarkeit mit Unternehmenskrediten und eine noch differenziertere aufsichtsrechtliche Behandlung verhindert. Die Verbesserung der Verfügbarkeit von Leistungsdaten über Infrastrukturprojekte für Regierungen, Regulierungsbehörden und Investoren würde dazu beitragen, den Spielraum für eine günstigere aufsichtsrechtliche Behandlung zu erweitern.
Nach unseren Berechungen scheinen grüne Infrastrukturprojekte über einen Zeitraum von 10 Jahren weltweit tatsächlich nur halb so häufig auszufallen wie „braune“ Projekte, wobei der Unterschied in Schwellenländern größer ist als in fortgeschrittenen Volkswirtschaften.