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FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: Prof. Dr. Christoph von Einem

Heiß umkämpfte Robotik

Dazu 3 Fragen an Prof. Dr. Christoph von Einem

ARQIS Rechts­an­wälte in München
Foto: Prof. Dr. Chris­toph von Einem
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15. Novem­ber 2023

Seit eini­gen Jahren hält die Robo­tik Einzug in unser Leben und verän­dert insbe­son­dere die indus­tri­elle Produk­tion und Logis­tik. Größ­ter Markt für Robo­ter ist derzeit China mit seiner sinken­den Bevöl­ke­rung. Robo­ter können auch helfen, in Deutsch­land den Fach­kräf­te­man­gel auszu­glei­chen. Franka Emika galt nach ihrer Grün­dung 2016 als das heißeste Start-up in der Szene und landete nach hefti­gen Strei­tig­kei­ten der beiden Haupt­grün­der, der Brüder Hadda­din, mit ihren Mitge­sell­schaf­tern sowie dem Frei­staat Bayern Ende August 23 in der Insol­venz. Die Bieter stan­den Schlange: Das Münch­ner Tech­­no­­lo­­gie-Unter­­neh­­men Agile Robots AG machte schließ­lich das Rennen.


Dazu 3 Fragen an Prof. Dr. Chris­toph von Einem, Off Coun­sel bei ARQIS Rechts­an­wälte in München

1. Um Robo­tik-Firmen wird mit harten Banda­gen gekämpft. Das dürfte spätes­tens seit dem Verkauf von KUKA an chine­si­sche Inves­to­ren bekannt sein, wonach sich die Bundes­re­gie­rung via Gesetz ein Veto für Verkäufe von Kern­tech­no­lo­gien ins Ausland einräumte. Sie spra­chen von pikan­ten Verhand­lungs­si­tua­tio­nen, die Sie als Agile miter­lebt haben. Wie hat sich das bei Franka Emika gestaltet?

Wir wurden in den letz­ten 12 Mona­ten von den Grün­dern von Franka Emika genauso wie von ande­ren Stake­hol­dern mindes­tens 4 mal gebe­ten, bei Franka Emika einzu­stei­gen und eine Insol­venz abzu­wen­den. Aber entwe­der waren die Preis­vor­stel­lun­gen der Grün­der noch astro­no­misch hoch oder aber die Grün­der konn­ten nicht loslas­sen und nahmen am Ende zu Lasten aller Gesell­schaf­ter und des Frei­staats lieber die Insol­venz in Kauf. Da Agile und Franka beide ihre Wurzeln im DLR in Ober­pfaf­fen­ho­fen haben, lag es für Peter Meusel und Dr. Zhaopeng Chen, die gemein­sam 2018 Agile Robots mit meiner Hilfe grün­de­ten, eine Rettung von Franka zu versu­chen, um so den Robo­tik-Stand­ort München im inter­na­tio­na­len Wett­be­werb zu stärken.

Dass sich der Wett­streit um die Rettung aller­dings zu einer solchen Schlamm­schlacht mit Fake News und wieder­hol­ten schwe­ren Verlet­zun­gen der Vertrau­lich­keit im Gläu­bi­ger­aus­schuss entwi­ckeln würde, konnte sich weder der Insol­venz­ver­wal­ter Dr. Matthias Hofmann noch ich nach 40 Jahren M&A vorstel­len. Während die Gebrü­der Schöl­ler, die gemein­sam mit dem Franka Gesell­schaf­ter TQ Systems und mit akti­ver Unter­stüt­zung der Hadda­din Brüder, die ja die Insol­venz verur­sacht hatten, noch in der Nacht vor der entschei­den­den Gläu­bi­ger­ver­samm­lung einen deut­lich höhe­ren Preis als die beiden stra­te­gi­schen Mitbie­ter gebo­ten hatten, erteilte der Gläu­bi­ger­aus­schuss am Ende Agile den Zuschlag. Offen­bar, weil Agile Robots die Über­nahme aller 100 Mitar­bei­ter garan­tierte, ebenso wie den Fort­be­stand der Produk­tion in Bayern – und nicht nur eine Verwer­tung der über 700 Patente und Designrechte.

Da Agile Robots mit der japa­ni­schen Soft­bank Gruppe neben drei inter­na­tio­nal akti­ven VC Fonds inklu­sive Sequoia, die im wesent­li­chen Gelder aus den USA verwal­ten, einen Groß­in­ves­tor mit mehr als 25% Betei­li­gung von außer­halb der EU hat, unter­lie­gen alle Akqui­si­tio­nen von Agile Robots der Kontrolle durch das BMWK. Da Agile dieses Jahr bereits die BÄR Auto­ma­tion GmbH aus Baden Würt­tem­berg im Rahmen einer Unter­neh­mens­nach­folge und die Ideal­Works GmbH aus München im Rahmen eines Joint Ventures mit der BMW AG erwor­ben hat, wurden mehrere Verfah­ren zur Erlan­gung von Unbe­denk­lich­keits­be­schei­ni­gun­gen seitens des BMWK erfolg­reich durchlaufen.

2. Es heißt, dass auch Chine­sen an Agile Robots betei­ligt sind. Wie kam es dazu?

Die 2018 in München gegrün­dete Agile Robots AG hat früher als andere deut­sche Robo­tik-Unter­neh­men erkannt, daß der chine­si­sche Markt für Robo­tik der größte welt­weit ist und der Markt­zu­gang dort leich­ter möglich ist als in Europa. Deshalb hat die deut­sche Agile Robots AG die in Deutsch­land entwi­ckel­ten Robo­ter­arme nebst ihrem Agile Core in Peking für den chine­si­schen Markt ange­paßt und dort sehr erfolg­reich verkauft. So konnte Agile bereits im 5. Geschäfts­jahr einen welt­wei­ten Umsatz von rund EUR 50 Mio. erwirt­schaf­ten. Dem BMWK war bekannt, daß weder der Chine­si­sche Staat noch in großem Umfang chine­si­sche Inves­to­ren an Agile betei­ligt sind — nur 8% aller Inves­to­ren haben ihren Sitz in China.

So kann Agile heute nicht nur deut­sche Vorzei­ge­un­ter­neh­men wie EDSCHA, Conti­nen­tal und Volks­wa­gen in China zu ihren Kunden zählen, sondern u.a. auch die taiwa­ne­si­sche FoxConn Gruppe aus dem Bereich der Herstel­lung von Handys und ande­ren elek­tro­ni­schen Gerä­ten. Diese frühen Markt­er­folge in China haben der deut­schen Agile Robots AG viel Inter­esse von Inves­to­ren aus aller Welt beschert. Dabei hat dem Haupt­grün­der Dr. Zhaopeng Chen, der seit 2007 mit seiner Fami­lie am Starn­ber­ger See lebt, seine Fähig­keit sich sowohl auf dem euro­päi­schen als auch auf dem chine­si­schen Parkett zurecht­zu­fin­den, sehr gehol­fen. Jetzt expan­diert Agile nach Indien und bald in die USA.

3. Wie schät­zen Sie die Trends auf dem Sektor der Robo­tik ein? Können Sie uns einen Ausblick geben?

Das Thema Robo­tik ist seit Jahr­zehn­ten mit den jeder­mann bekann­ten großen Robo­tern von KUKA, ABB und FANUC nicht aus der Auto­mo­bil­pro­duk­tion wegzu­den­ken. Inzwi­schen kommen klei­nere, agile Robo­ter zum Einsatz, die mit Menschen in der Produk­tion Hand in Hand zusam­men­ar­bei­ten, wie die von Agile und Franka. So können diffi­zile Schritte in der Produk­tion, Logis­tik oder auch im Kran­ken­haus als helfende dritte Hand für den Arzt erle­digt werden. Ohne Robo­ter werden wir nach meiner Einschät­zung den Fach­kräf­te­man­gel in Europa in der Indus­trie wie auch in der Pflege nicht in den Griff bekom­men. Um diese Vision umzu­set­zen, bedarf es vieler hoch­mo­ti­vier­ter Mitar­bei­ter. Deshalb hat Agile Robots von Anfang an auf eine sehr breite Mitar­bei­ter­be­tei­li­gung geach­tet. Gute Leute sind ein Asset!

 

*) BMWK = Bundes-Minis­te­rium für Wirt­schaft und Klimaschutz

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