ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN
FÜR UNTERNEHMER UND INVESTOREN
3 Fragen an kluge Köpfe
Foto: J. Balssen | Gleiss Lutz

Corporates betätigen sich als VCs auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern

Dazu 3 Fragen an Dr. Jan Balssen

Gleiss Lutz
Foto: J. Bals­sen | Gleiss Lutz
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11. Februar 2015

In Deutsch­land gibt es einige Dutzend ‘Corpo­rate VCs’. Bei ‘Corpo­rate Venture Capi­­tal-Gesel­l­­schaf­­ten’ handelt es sich um Toch­ter­ge­sell­schaf­ten von Groß­un­ter­neh­men, die für den Mutter­kon­zern stra­te­gi­sche Invest­ments täti­gen — meist in Anleh­nung an dessen Kern­ge­schäft. Im Gegen­satz zu ande­ren Venture Capi­tal (VC)-Gesellschaften zielen sie sowohl auf die Verzin­sung der einge­setz­ten Mittel, als auch auf den Mehr­wert, der sich aus Syner­gien zwischen dem Mutter­kon­zern und dem finan­zier­ten Part­­ner-Unter­­neh­­men gene­rie­ren lässt. – Warum legen sich immer mehr große Unter­neh­men eine eigene VC-Unit zu und was verspre­chen sie sich davon?


Dazu 3 Fragen an Part­ner bei Gleiss Lutz in München (Co-Head of Private Equity / Venture Capital)

1. Warum inter­es­sie­ren sich auf einmal zahl­rei­che Corpo­ra­tes für Enga­ge­ments bei Start­ups oder haben sich eine eigene Venture Unit zugelegt?

Venture Capi­tal Inves­ti­tio­nen durch Unter­neh­men, sog. Corpo­rate Venture Capi­tal, bieten den betref­fen­den Unter­neh­men einen Mehr­fach­nut­zen. Zum einen zielen die Unter­neh­men mit ihren früh­zei­ti­gen Inves­ti­tio­nen in Start­ups natür­lich auf die (zum Teil erheb­li­chen) finan­zi­el­len Rendi­ten ab. Zum ande­ren verfol­gen die Unter­neh­men aber auch stra­te­gi­sche Ziele, insbe­son­dere die Entwick­lung von neuem Know how und neuen Geschäfts­mo­del­len sowie das früh­zei­tige Erken­nen von Markt­trends, die gege­be­nen­falls für ihr Kern­ge­schäft und dessen Weiter­ent­wick­lung wich­tig sind. In vielen Groß­un­ter­neh­men sind die Struk­tu­ren heute zu starr, um kurz­fris­tig neue Ideen umzu­set­zen oder neue Tech­no­lo­gien einfach einmal am Markt „auszu­pro­bie­ren“. Hier fördern Start­ups mit ihren dyna­mi­schen, infor­mel­len Struk­tu­ren Inno­va­tio­nen. Dies machen sich die Groß­un­ter­neh­men zunutze, über ihre Inves­ti­tio­nen in Start­ups erhal­ten sie Zugang zu diesen Inno­va­tio­nen und stär­ken so ihre Forschungs- und Entwick­lungs­ak­ti­vi­tä­ten oder die Weiter­ent­wick­lung ihres Kern­ge­schäfts. Natür­lich ist der stra­te­gi­sche Nutzen nicht einsei­tig, die Start­ups erhal­ten über einen Corpo­rate Venture Capi­tal Inves­tor neben der finan­zi­el­len Ausstat­tung mit Risi­ko­ka­pi­tal auch, oftmals sehr wert­vol­len, Zugang zu dem orga­ni­sa­to­ri­schen und tech­no­lo­gi­schen Know how des Unter­neh­mens, dessen Produk­tion, Vertriebs­ka­nä­len oder Kooperationspartnern.

2. Welcher Vorge­hens­weise bedie­nen sich die Corpo­ra­tes? Gibt es eigene Teams?

Groß­un­ter­neh­men schaf­fen für Corpo­rate Venture Capi­tal regel­mä­ßig eigene Toch­ter­ge­sell­schaf­ten, die für den Mutter­kon­zern die rele­van­ten Märkte und die dort täti­gen Start­ups beob­ach­ten und stra­te­gi­sche Invest­ments täti­gen. Zum Teil bietet schon allein die Sich­tung von Betei­li­gungs­an­ge­bo­ten verschie­de­ner Start­ups, die Kapi­tal­ge­ber suchen, wert­volle Einbli­cke in neue (Markt-)Entwicklungen.

Die Corpo­rate Venture Capi­tal Invest­ment­ge­sell­schaf­ten sind idea­ler­weise nicht zu stark einge­bun­den in das Mutter­un­ter­neh­men und dessen Struk­tu­ren und Prozesse. Insbe­son­dere die Entschei­dungs­pro­zesse bei Venture Capi­tal Inves­ti­tio­nen laufen zwangs­läu­fig ganz anders ab als bei tradi­tio­nel­len Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen im Konzern. Die Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dung eines frühen Venture Capi­tal Inves­tors beruht vor allem auf dem Glau­ben an das wirt­schaft­li­che Poten­tial einer Geschäfts­idee und an die Fähig­kei­ten der Start­up­grün­der, die diese Idee umset­zen wollen. Belast­bare, im Rahmen einer Due Dili­gence nach Konzern­vor­ga­ben umfas­send prüf­bare wirt­schaft­li­che Kenn­zah­len werden hier nur selten vorlie­gen. Ohne entspre­chend flexi­ble Struk­tu­ren werden sich Copo­rate Venture Capi­tal Inves­to­ren aber viel­fach schwer tun, inter­es­sante Ziel­ge­sell­schaf­ten für Inves­ti­tio­nen zu finden und auch talen­tierte Invest­ment Mana­ger anzu­zie­hen bzw. zu halten. Zudem wirkt auch gegen­über den Start­ups und ihren Grün­dern, die durch­weg nur infor­melle, dyna­mi­sche Prozesse gewöhnt sind, eine eingen­stän­dige, in ihren Struk­tu­ren und Prozes­sen flexi­ble Invest­ment­ge­sell­schaft regel­mä­ßig attrak­ti­ver als die eher unfle­xi­ble, teils büro­kra­ti­sche Welt des Großunternehmens.

3. In welchen Stadien der Entwick­lung der Start­ups enga­gie­ren sich Corporates?

In der Regel betei­li­gen sich Groß­un­ter­neh­men bei ihren Corpo­rate Venture Capi­tal Inves­ti­tio­nen in der frühen Entwick­lungs­phase an Start­ups. Zu diesem Zeit­punkt ist der Preis einer Betei­li­gung rela­tiv güns­tig und das Unter­neh­men bekommt hinrei­chend Einblick in die jewei­lige Geschäfts­idee. Die erwor­bene Betei­li­gung sichert die Möglich­keit, an einem späte­ren Verkaufs­pro­zess als Erwerbs­in­ter­es­sent teil­zu­neh­men. Zu diesem frühen Entwick­lungs­zeit­punkt sind die mögli­chen Syner­gien der Betei­li­gung eines Groß­un­ter­neh­mens für den Startup und seine Grün­der auch viel­fach beson­ders wert­voll. In einer späte­ren Entwick­lungs­phase werden die Grün­der gege­ben­falls der Betei­li­gung eines Corpo­rate Venture Capi­tal Inves­tors zum Teil zöger­lich gegen­über­ste­hen. Dann haben Grün­der oft schon das Ziel eines opti­ma­len Exit im Blick. Sie befürch­ten, dass die Betei­li­gung eines stra­te­gi­schen Inves­tors am Startup unter Umstän­den nega­tive Auswir­kun­gen auf den später beim Exit erziel­ba­ren Kauf­preis haben könnte. Ein poten­ti­el­ler Erwer­ber könnte zum Beispiel Sorge haben, dass der Corpo­rate Venture Capi­tal Inves­tor als wesent­li­cher Wett­be­wer­ber über seine Betei­li­gung am Startup alle Untneh­mens­de­tails und das rele­vante Know how kennt. Zudem hat ein Corpo­rate Venture Capi­tal Inves­tor, der das Startup im Rahmen des Verkaufs­pro­zes­ses gege­be­nen­falls selbst erwe­ben will, natür­lich kein Inter­esse daran, dass die Grün­der einen möglichst hohen Verkauf­preis erzie­len. Er wird daher Wege suchen, etwa­ige Probleme des Start­ups, die ihm ja gut bekannt sind, kauf­preis­min­dern vorzu­brin­gen. In der späten Entwick­lungs­phase von Start­ups sieht man derzeit vermehrt typi­sche Private Equity Inves­to­ren, die sich – viel­fach mit klei­ne­ren Inves­ti­ti­ons­sum­men als gewöhn­lich – Invest­ments in diesen Bereich erschlie­ßen. Hinter­grund ist wohl einer­seits der Mangel an guten Targets in den tradi­tio­nel­len Private Equity Segmen­ten und ande­rer­seits natür­lich viel­fach die Hoffung auf einen erfolg­rei­chen Exit mit (jeden­falls in absol­ten Zahlen) erheb­li­chen Wert­stei­ge­run­gen, insbe­son­dere im Falle eines IPO.

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